Am 9. Oktober 1757 wurde die neu erbaute Neudrossenfelder Dreifaltigkeitskirche durch den „Hochfürstl. Brandenburg-Culmbacher Consistorial-Rath und Superintendenten“ – entspricht dem heutigen Dekan – Johann Christoph Silchmüller geweiht. Auf vielfältigen Wunsch ließ Silchmüller die Einweihungspredigt drucken. Einige Ausschnitte aus der mindestens 1 ½-stündigen Predigt können auch heute noch von der Wortgewalt und dem geistlichen Tiefgang dieses Mannes zeugen, der den Bau unserer Kirche ganz entscheidend geprägt hat.
Von dieser Kanzel predigte Dekan Silchmüller zur Einweihung |
Predigttext war Jeremia 7,1-7. Silchmüller entfaltet ihn als dreifaches Wort des HERRN, als ein Wort der Ermahnung, der Warnung und der Verheißung. Er beklagt darin, dass die meisten Menschen bloße Hörer des Worts (wiewohl es manche auch nicht einmal hören mögen), aber nicht Täter desselbigen seien.
Dann packt er seine Hörer bei ihrer eigenen Lebenswirklichkeit: Aber ich frage euch: Würdet ihr wohl mit euren Knechten und Mägden zufrieden sein, wenn sie sich alle Sonntage eine Stunde vor euch stellten und ließen sich lang und breit von euch sagen, was euer Wille sei und was ein jeder in eurer Haushaltung tun sollte? Sie gingen aber hernach hin und täten entweder gar nichts, oder gerade das Gegenteil? Ich frage euch: Würdet ihr wohl mit einem solchen Gesinde zufrieden sein? Oder würde euch genug sein, wenn sie sagen wollten: Wir sind doch wenigstens gekommen und haben unseres Dienstherrn Willen angehört? Oder wenn sie die Unterlassung ihrer Schuldigkeit damit rechtfertigen wollten, dass sie euch nicht bestohlen, nichts veruntreut noch euch grob beleidigt hätten? Würdet ihr nicht vielmehr einem jeden antworten: Du böser Schalk, hast gleichwohl nicht getan, was dir befohlen war? Aber macht ihr es dem größten Teil nach gegen Gott besser?
Es gibt aber auch Worte des Lobes für die Gemeinde: Ihr könnt euch billig dieses eures schönen, geräumigen und bequemen neuen Tempels erfreuen, wenn ihr an den vorigen zurück denkt und euch der Unbequemlichkeiten erinnert, unter welchen ihr vorher des öffentlichen Gottesdienstes habt pflegen müssen. Ihr genießt wegen seiner Größe und Schönheit von innen und von außen einen Vorzug, wo nicht vor allen, so doch vor den meisten Landgemeinden dieses Fürstentums. Wenigstens hat dieses Haus des HERRN einen deutlichen Vorzug vor den sechs andern, welche unter der Zeit meines 16-jährigen Aufseheramtes von Grund aus neu erbaut worden sind. Und ich finde billig, eure Willigkeit, euren Fleiß und eure Arbeit öffentlich zu rühmen, durch welche ihr diesen Bau befördern und dessen große Kosten habt erleichtern geholfen. Es ist billig, dass ich euch hiermit öffentlich dafür danke. Der HERR sei dafür euer Schild und sehr großer Lohn.
Aber Silchmüller wäre nicht er selbst, wenn er nicht gleich wieder eine Mahnung anschließen würde: Aber, was für einen Dank und Ruhm würdet ihr vor Gott haben, wenn ihr dieses schöne neue Haus des HERRN mit dem alten sündlichen Leben und Wesen beflecken wolltet? Was würde es euch helfen, dass ihr eine schöne neue Kirche habt, aber eure Herzen wollten eine alte Behausung des Satans bleiben?
Die Taube unter dem Kanzeldeckel als Symbol für den Heiligen Geist, der über den Prediger kommen soll. |
Er ruft ihnen zu:
Folgt vielmehr dem Wort der göttlichen Vermahnung: „Bessert euer Leben und Wesen.“ Dies ist die göttliche Bedingung, unter welcher ihr glückselig sein sollt. Bessert euch und macht dies Haus des HERRN, das nach seinem Namen die Dreifaltigkeitskirche genannt ist, nicht zu einer Mörder-Grube, wenn ihr durch einen falschen und heuchlerischen Gottesdienst Mörder an euren eigenen Seelen werden wollt. Macht es nicht zu einem Wasch-Haus (von „Gewäsch, Gerede“), in welchem ihr die Zeit der Gnade unter dem Gottesdienst mit Plaudern verschwätzt. Nicht zu einem Schlaf-Haus, in welchem euch der Teufel gleichsam einwieget und einschläfert, wenn ihr muntere Zuhörer sein sollt. Macht es nicht zu einem Parade-Platz, in welchem ihr euch mit hochmütigem Herzen und Kleiderpracht wollet auf die Schau stellen. „Dies Haus soll ein Bet-Haus sein und heißen allen Völkern.“ Bewahrt demnach euren Fuß, wenn ihr zu diesem Hause Gottes geht, und kommt, dass ihr mit Begierde und Andacht das Wort des Herrn hört. Es ist ein Haus, in welchem ihr den HERRN anbeten sollt. Werdet ihr dies befolgen, so wird der HERR bei euch wohnen an diesem Orte.
Claus Bergmann