Seit Ostern klingen wieder alle sechs Glocken von unserem Kirchturm und rufen zu Gebet und Gottesdienst oder schlagen uns die Viertelstunden. So soll an dieser Stelle einmal über die hochinteressante Geschichte dieser Glocken berichtet werden:
Die älteste Glocke ist im Guss datiert auf M CCCC XXX, also 1430. Ein gewisser Albert(us) Eulenschmidt aus Kulmbach, ein bekannter Glocken- und Kanonengießer aus Kulmbach - hat sie offensichtlich gegossen. In diesem Jahr spielten sich in Oberfranken dramatische Ereignisse ab: Die Kämpfe zwischen dem katholischen deutschen Reich und den abtrünnigen Hussiten in Tschechien (Anhängern des an der Bibel orientierten Predigers Jan Hus) weiteten sich auf die Nachbarregionen aus. Die zu diesem Zeitpunkt praktisch unbesiegbaren Hussiten drangen auch in unsere Gegend vor, um zu plündern und die Kriegshandlungen von der eigenen Heimat fern zu halten.
Unsere Glocken sind zurück - mit neuen Jochen und Läuterädern |
Möglicherweise wurde die Glocke als Dank für Verschonung gegossen. Wäre Neudrossenfeld niedergebrannt worden, hätte man die Mittel dafür kaum aufgebracht. Sie wurde den vier Evangelisten geweiht. IOHANNES MATHEUS LUCAS MARCUS – so lautet die Umschrift. Vielleicht soll sie andeuten: Wir haben hier das ganze Evangelium! Zur Erinnerung: Diese Glocke hing ursprünglich im Turm der Vorvorgängerkirche, denn die gotische Jakobuskirche wurde ja erst 1485 errichtet.
Auch unsere zweitälteste und kleinste Glocke, das sog. „Stummala“, hat eine kriegerische Vorgeschichte. Sie ist datiert auf das Jahr 1650 und trägt die Inschrift: SOLI DEO GLORIA – Allein Gott die Ehre!
Das „Stummala“ |
Allerdings wurde Neudrossenfeld im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) nicht verschont: Eine ganze Reihe von Menschen kam durch plündernde Truppen zu Tode. Pfarrer Maurer wurde von kroatischen Soldaten als Geisel verschleppt und starb an den Folgen. Besonders 1634 wütete die Pest und forderte 235 in den Kirchenbüchern vermerkte Tote, darunter auch Kaplan Georg Döring. In den letzten Kriegsjahren sorgte Pfarrer Johannes Häußinger dafür, dass man sich gegen plündernde Soldaten wehrte. Einmal vertrieb er mit seinen zwei Knechten 24 feindliche Reiter. Dieser heldenhafte Geistliche sorgte dafür, dass bis heute die Ehre Gottes vom Kirchturm verkündet wird.
Die Elfuhrglocke wieder im Turm |
Pech hatte man mit der größten Glocke, der „Elfuhrglocke“: 1695 genehmigte Markgraf Christian Ernst ihren Guss. Allerdings schien das keine Qualitätsarbeit zu sein, denn schon bald bildete sich ein Riss – die Glocke musste schweigen. Erst 1716 nahm der „hochfürstliche bambergische Stück- und Glockengießer“ Johann Conrad Roth in Forchheim den Umguss vor.
Der Text der Umschrift lautet: DAS KIRCHGEBET ICH ZEICH UND TRAURIG BEY DER LEICH AUF BRAUT UND GLÜCK MICH FREU VIEL FEUR UND WETTER SCHEU. Die Glocke wurde also bei den verschiedensten Anlässen geläutet: Beim Gebet, bei Beerdigungen und Hochzeiten und auch als Sturmglocke bei Bränden und Unwettern. Wobei die Läutebuben wohl allerhand Mühe hatten, die über 700 kg schwere Glocke in Schwung zu bringen ...
Noch eine vierte Glocke hing bis 1942 im Turm, die „Zwölfuhrglocke“. Sie wurde im 2. Weltkrieg zusammen mit dem „Stummala“ und der Elfuhrglocke zum Einschmelzen abgeliefert und ist seither verschwunden.
Glockeninschrift | |
Neue Glocke, am Eichenjoch befestigt |
Da nun zwischen den beiden hellen Tönen (e‘‘ und g‘‘) und der tiefen Elfuhrglocke (f‘) eine große Lücke klaffte, entschloss man sich 1957, drei weitere Glocken zu beschaffen: Eine Glocke auf a‘ mit der Umschrift: VERLEIH UNS FRIEDEN GNÄDIGLICH HERR GOTT ZU UNSERN ZEITEN. Außerdem wurde eine Glocke mit dem Ton c‘‘ gegossen. Ihre Umschrift: LAND LAND HÖRE DES HERRN WORT. Die kleinste neue Glocke klingt in d‘‘ und trägt die Aufschrift: DIE LIEBE HÖRET NIMMER AUF.
Große Begeisterung: Die Glocken sind wieder da! |
Text und Fotos: Claus Bergmann